Immer häufiger werden wir in unserem Alltag mit den Vorteilen und Nachteilen des Fleischessens konfrontiert.
Moment, haben Sie gerade richtig gelesen? Jeder, der jetzt kurz bei Vorteile gestutzt hat, ist hier richtig. Der Konsum von Fleisch wird im Zeitgeist nur einseitig betrachtet. Wir werden häufig nur mit den Nachteilen konfrontiert. Ich erinnere mich an eine meiner frühersten Begegnungen mit diesem Phänomen. Es war in dem Film Beverly Hills Cop 2, in dem einer der Darsteller (Edward Ernest „Judge“ Reinhold Jr. als Det. Billy Rosewood) in seiner Rolle darüber aufklärt, wie viel unverdautes rotes Fleisch der durchschnittliche Amerikaner am Ende seines Lebens im Körper haben soll. Der Film ist von 1987. Das Thema begleitet uns also schon ein bisschen.
Zu dem Thema habe ich schon das ein oder andere Gespräch geführt oder gehört. Dabei stolpere ich immer wieder über ähnlich Punkte. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich eine Liste der, wie ich meine, fünf häufigsten Fakten übers Fleisch essen:
- Rindfleisch verbraucht 15.000 Liter Wasser für die Produktion von 1 kg Fleisch
- Rinder tragen mit ihrem Methanausstoß massiv zum Klimawandel bei
- Würden wir die Tierhaltung verringern oder gar abschaffen, würden wir viel mehr Boden für die Produktion von pflanzlicher Nahrung haben
- Tierisches Eiweiß lässt sich leicht durch pflanzliches ersetzen, Fleisch auch irgendwann komplett durch künstliches
- Tiere für unsere Ernährung zu töten, ist unmoralisch
All diese Punkte sind nicht unbedingt faktisch falsch. Genauer betrachtet wird aber klar, wie manipulativ sie genutzt werden.
Rindfleisch und Wasserverbrauch
Wir sollen, wenn es geht, auf Rindfleisch verzichten, so der Zeitgeist. Ein Grund dafür ist der hohe Wasserbedarf für die Produktion von 1 kg Rindfleisch. Aber was steckt hinter dieser Zahl? Wenn man für ein Kilo Rindfleisch 15.000 Liter Wasser braucht, wie viel muss ein Ochse dann täglich trinken? Das Schlachtgewicht bei Ochsen liegt bei ca. 400 kg und ein Oche wird mit gut zwei Jahren geschlachtet. Das würde bedeuten, dass der Ochse pro Tag über 8.000 Liter Wasser saufen müsste. Wie soll das gehen? Ganz einfach, gar nicht.
Schauen wir uns mal an, wie sich die 15.000 Liter zusammensetzen:
- 93,5 % grünes Wasser (14.025 l)
- 2,9 % graues Wasser (435 l)
- 3,6 % blaues Wasser (540 l)
Nun sind wir auch noch nicht schlauer. Was ist denn nur grünes, graues und blaues Wasser? Der Hauptanteil der Wassermenge wird für die Produktion von Futter verwendet. Dafür nimmt man Regenwasser. Richtig gelesen. Grünes Wasser ist Regenwasser. Wenn wir mit dem Wort Wasserverbrauch konfrontiert werden, dann denken wir an den Verbrauch von Trinkwasser. Wasserhahn auf, drei Liter warten, Wasserhahn zu, ergibt verschwendete drei Liter Wasser.
Für uns ist Regenwasser eine mögliche Alternative um Trinkwasser zu sparen. Wir sammeln Regenwasser in Tonnen und nutzen es um bei der Gartenarbeit nicht große Mengen an wertvollem Trinkwasser zu verbrauchen. Unter der Vorraussetzung, dass genug Regen fällt und, dass auf der Fläche nichts produziert werden kann, was wir essen können, wird das Regenwasser also nicht verbraucht, sondern im Gegenteil sinnvoll verwendet. Für Rindfleisch aus Deutschland treffen beide Faktoren übrigens weitestgehend zu.
Genrell ist der Fußabdruck mit virtuellem Wasser nicht ganz unumstritten (zum Beispiel hier, hier oder hier). Er dient hauptsächlich der Untersuchung des Wasserhandels. Also wie viel (virtuelles) Wasser wird aus Ländern mit wenig Niederschlägen und Trinkwasserquellen in Länder mit viel Niederschlägen und viel Trinkwasser exportiert. Als reine Entscheidungsgrundlage, welche Lebensmittel man vermeiden sollte, ist dieser Fußabdruck ohne weitere Erklärung oft irreführend.
Es bleiben ca. 975 l. Davon sind pro kg Rindfleisch nur 50 l tatsächlich Trinkwasser.
Also liegt der Trinkwasserbedarf von Rindfleisch bei ca. 100 l pro 100 gr. Wie sieht das für andere Lebensmittel aus? Reis liegt bei ungefähr 80 l und Brot liegt bei ungefähr 50 l.
Mandeln aus Kalifornien verbrauch zu über 90 % nicht grünes Wasser. Das sind ca. 1000 l pro 100 gr. Oder anders gesagt für einen Liter Mandelmilch werden 2.000 Liter Wasser verbraucht. Und da ist das Wasser für die direkte Herstellung (1 Liter) noch nicht eingerechnet.
Methan eruktierende Rinder
Wie Sie in der Zwischenüberschrift lesen können, eruktieren (rülpsen) die Kühe Methan und es geht nicht um Flatulenzen (Püpse). Ein häufiger Fehler. Was ist eigentlich Methan genau und warum ist es schädlich? Die chemische Formel für Methan ist CH4. Es handelt sich damit um einen Kohlenwasserstoff und auch den Hauptbestandteil von Erdgas. Methan gilt als klimaschädliches Gas. Allerdings wurde es in der Vergangenheit überbewertet. Methan ist nämlich zwar viel klimawirksamer als CO2, aber Bestandteil eines Kreislaufs. Und da kommen wir zum Kern der Sache. Entscheidend ist das C in CH4 oder anders der Kohlenstoff.
Wie kommt der in die Kuh? Ganz einfach, über das Futter, also Gras und Heu. Und wie kommt der Kohlenstoff in das Futter? Auch wieder ganz einfach über Photosynthese aus CO2 in der Luft. Moment, Kühe rülpsen, Verzeihung, eruktieren doch CH4? Wie wird denn aus dem CH4 nun CO2? In der Luft zerfällt das Methan in ca. 7-11 Jahren zu CO2 und H2O. Solange sich also die Anzahl der Rinder weltweit nicht erhöht, können diese gar nicht wirkungsvoll zum Treibhauseffekt beitragen. Ebenso wenig, wie nachwachsende Rohstoffe für das Heizen (Holzpellets) dazu beitragen können. Das frei gesetzte CH4 oder CO2 ist Teil eines Kreislaufs.
Eine Reduktion des jährlichen rinderbedingten Methanausstoßes um nur ca. 0,35 % würde den effektiven CO2-Äquivalenzbeitrag der Rinder auf null setzen. Eine Reduktion des jährlichen Ausstoßes um ca. 5 % würde das CO2 Äquivalent seit 1980 kompensieren. Um eine Vorstellung zu haben: In Indien gibt es ca. 45 Millionen Milchkühe. Eine deutsche Milchkuh gibt ca. viermal so viel Milch wie eine indische Kuh. Einsparpotenzial ist also vorhanden.
Bodenbedarf für Tierhaltung
Die Argumentation in der Richtung geht ungefähr so: 75 % der landwirtschaftlichen Fläche weltweit wird für Tierhaltung verwendet. Wenn wir keine Tiere mehr halten würden, dann stünde viel mehr Fläche für Landwirtschaft zur Verfügung.
Der Fakt, dass 68 % der weltweiten landwirtschaftlichen Fläche nicht geeignet ist, um irgendetwas anzubauen, dass Menschen essen können, wird dabei immer verschwiegen. Auch der Fakt, dass auf1 kg vegane Nahrung ca. 3-5 kg Biomasse kommen, die wir Menschen ebenfalls nicht essen können, wird gerne weggelassen. Wenn ich diese 3-5 kg Biomasse an Tiere verfüttere, kann ich daraus ca. 3 kg Milch und 0,4 kg Fleisch machen.
Von Eiern ganz zu schweigen. Darüber hinaus erzeugen Tiere noch etwas anderes. Etwas, ohne das Landwirtschaft deutlich schwieriger, oder sagen wir, künstlicher oder industrieller wäre. Dünger. Ohne Tierhaltung wären wir komplett von künstlichem Dünger abhängig. Mit Wiederkäuern stehen wir so gut wie gar nicht in Konkurrenz um Nahrung bzw. Futter. Die größte Überschneidung haben wir bei Hühnern bzw. Geflügel.
Tierisches vs. pflanzliches Eiweiß und Kunstfleisch
Jetzt haben wir gerade gelernt, dass wir aus dem “Abfall” der veganen Lebensmittelproduktion Tiere ernähren können, und diese uns damit dann mit Fleisch, Milch und Eiern versorgen. Wenn wir von der Qualität der Ernährung sprechen, geht es immer um Eiweiß. Ohne Eiweiß leiden Menschen massive Mangelerscheinungen. Vor allem in der frühkindlichen Entwicklung des Gehirns sind tierische Eiweiße sehr wichtig. Daher raten auch Ärzte dringend von einer veganen Ernährung in der Schwangerschaft und in der führen Erziehung von Kindern ab. Betrachten wir die 103 Länder mit der niedrigsten Eiweißzufuhr, dann haben scheinbar fast alle eine ausreichende Versorgung mit Eiweiß (A). Das meiste kommt aus pflanzlichen Quellen.
Wenn man aber die biologische Verwertbarkeit (B) und die Nutzbarkeit (C) des Eiweißes mit einbezieht, schafft es keine Nation, mit der Ernährung eine genügend große Eiweißzufuhr sicherzustellen.
Man spricht von der biologischen Wertigkeit. Eiweiß aus Ei hat die Wertigkeit 100, Reis 83, Kartoffel 76, Erbsen 59, Karotten 36. Die Wertigkeit gibt an, wie gut der Körper das Eiweiß verwenden kann. Es wird nur noch schlimmer, wenn man auf das Profil der essenziellen Aminosäuren im Eiweiß blickt. Vergleicht man Rindfleisch mit Erbsen, sieht man Folgendes:
Schon mit ein wenig über 100 g Rindfleisch deckt man in vielen verschiedenen Aminosäuren den Bedarf, den die WHO ausmacht, komplett. Selbst bei 500 g Erbsen wird das schwierig.
Das für den Menschen am besten nutzbare Eiweiß finden wir in Milch, Eiern, Rindfleisch und Hühnerfleisch.
Neben Eiweiß sind tierische Produkte auch der Hauptlieferant für:
- Vitamin B12
- Eisen
- Zink
- Jod
- Vitamin D
- Kalzium
- Zink
Ist künstliches Fleisch die Rettung? Leider nein. Zur “Ernährung” oder Zucht von Kunstfleisch benötigt man sehr teure und hochwertige Stoffe. Neben Aminosäuren auch noch hochwertige Glukose. Alles Dinge, die wir Menschen nicht nur essen können, sondern die für uns von zentraler Bedeutung sind. Die Konkurrenz um das Futter bei künstlichem Fleisch ist also viel größer, als die Konkurrenz zur Kuh. Die uns auch noch Milch und Dünger beschert.
Darüber hinaus liefert künstliches Fleisch nur Fleisch, also Muskelmasse. Alle Nebenprodukte wie Ballaststoffe (Knorpel oder Sehnen) oder Fett sowie knusprige Haut fällt weg. Auch die Konsistenz muss durch künstliche Zusatzstoffe erst auf ein mit echtem Fleisch vergleichbares Niveau gebracht werden. Daher kann Laborfleisch natürlich Fleisch nur schlecht, und dann auch nur hoch verarbeitet und sehr teuer, ersetzten.
Tiere für die Ernährung töten ist unmoralisch
Viele Artikel, Bücher oder Beiträge von Veganern oder anderen Gegner der Schlachtung von Tieren beginnt mit einem Ausdruck wie: “Versetze dich doch nur mal in die Lage einer Kuh”.
Tatsächlich können wir das nicht. Wir können uns nur in die Lage eines Menschen versetzen, der wie eine Kuh behandelt wird. Und ich muss nicht bis zur Kuh oder bis zur Schlachtung gehen, bis die Behandlung unmenschlich wird. Man stelle sich vor, man würde seinen Mitbewohner auf dem Fußboden schlafen lassen und dazu zwingen sein Geschäft nackt im freien zu verrichten. Für einen Mensch unvorstellbar, für des Menschen besten Freund, den Hund, bequemer Alltag.
Auch wird die Schlachtung scheinbar immer mit einer Bilderbuchvorstellung vom tierischen Lebensende verglichen. Denkt man nur einen Moment darüber nach, wie ein Tier in freier Wildbahn stirbt (Krankheit, Hunger, Frost, Hitze, Ertrinken, Verletzung oder lebendig als Futter) dann wird einem klar, dass die Schlachtung sicher nicht die grausamste Todesart ist.
Aber vielleicht möchte ich einfach, dass kein Tier für meine Ernährung sterben muss. Dann wird es schwierig.
Ein Kalb bring ungefähr 150 kg auf die Wage. Davon sind ca. 55 % Fleisch und davon ca. 22,5 % Eiweiß. Pro Tier kommen also ungefähr 20 kg Protein raus. Für 100 kg Protein müssen also 5 Tiere sterben.
Pro Hektar Ackerland werden in Deutschland ca. 7,5 t Ertrag erwirtschaftet. Davon sind ca. 11 % Eiweiß (die biologische Wertigkeit lassen wir mal weg an der Stelle). Also gewinne ich auf einen Hektar 750 kg Eiweiß.
Pro Hektar rechnet man pro Jahr mit einer Belastung von ca. 250 Mäusen. Davon werden jährlich rund 80 % durch Gift getötet. Also pro Hektar 200 Tiere. Es sterben also für 100 kg Eiweiß aus Getreide ca. 26 Tiere. Und da sprechen wir nur von Mäusen. Andere Säugetiere oder Nichtsäugetiere oder Insekten kommen auch noch dazu.
Dabei sind Mäuse neben den Walen die einzigen Säugetiere, von denen wir wissen, dass sie sich über Gesang verständigen. Während aber bei Kalb viel dafür getan wird, Stress und Schmerz bei der Schlachtung zu vermeiden, muss Mutter Maus verzweifelt dem Gesang ihrer hungernden Kinder lauschen, während das Gift qualvoll ihre Innereien auflöst, in der Gewissheit, dass der Nachwuchs ohne sie ähnlich grausam verenden wird.
Fleisch essen ist ein fester Bestandteil unserer Natur, unserer Kultur und unserer Geschichte. Ohne Fleisch fehlen uns wichtige und essenzielle Nährstoffe, die sich nicht oder nur schwer und teuer ersetzen lassen und eine nachhaltige und klimafreundliche Landwirtschaft ist nur mit Tierhaltung und Fleischproduktion möglich.
Lassen Sie sich also keinen Ochsen äh Bären aufbinden.
Schreibe einen Kommentar