Kategorie: Psychologie

Freier Wille, aber frei von was bitte?

Wie ich sicher an der ein oder anderen Stelle schon einmal erwähnt habe, begeistern mich Geschichten in den unterschiedlichsten Medien. Eine Geschichte, die keinen kleinen Einfluss auf mein Leben hatte, wird in dem Spiel Bioshock erzählt. Der Protagonist stürzt mit dem Flugzeug über dem Atlantik ab und überlebt. Im Meer schwimmend sieht er einen Leuchtturm, in dem ein Aufzug ihn in eine seltsame, post kataklysmische Unterwasserwelt führt. Von einem Unbekannten wird er über Funk durch diese Welt geleitet. Die entscheidende Wendung der Geschichte ist, dass man von der Person über Funk manipuliert wurde. Mit einem verborgenen Code wurden die Handlungen bestimmt. Der Protagonist hatte keine andere Wahl, als so zu handeln. Er hatte keinen freien Willen.

Freier Wille vs Determinismus

Damit wären wir auch schon bei dem Konzept, dem ich mich in diesem Artikel etwas genauer nähern wollte: dem freien Willen. Ich möchte mich diesem Thema auf praktischer und weniger auf hoch philosophischer Ebene nähern. Die Frage, ob es ihn nun gibt oder nicht, den freien Willen, treibt die Philosophie schon lange um. Eine endgültige Antwort hätte einen tatsächlichen Einfluss auf unseren Alltag. Die Alternative zum freien Willen nennt man Determinismus und sie beschreibt, dass wir nicht über unser Handeln bestimmen können, sondern all unsere Handlungen vorherbestimmt sind und wir uns nicht anders entscheiden können.

Der Determinismus folgt aus der wissenschaftlichen Betrachtung der Natur. Wir beobachten, dass in der Natur nicht passiert, ohne dass es dafür einen Auslöser gibt. Speziell unter stark wissenschaftlich geprägten Personen ist die Anschauung verbreitet, dass sich dieses Prinzip des Determinismus auch auf menschliche Handlungen bezieht. Grund für unser Handeln ist also nicht unser Wille, sondern ein von uns unabhängiger Auslöser.

In einem Interview mit dem berühmten Biologen Richard Dawkins stellte ihm einer der beiden Moderatoren, Konstantin Kisin, die Frage, ob es nicht seltsam sei, dass wir bei unserem zeitgenössisch stark wissenschaftlich geprägten Weltbild, welches den freien Willen scheinbar widerlegt, unser alltägliches Leben so gestalten, als hätten wir ihn doch, den freien Willen. Also wir leben entgegen den scheinbaren Erkenntnissen unserer Weltanschauung.

Dawkins antwortet sehr respektabel darauf mit, ich weiß es nicht. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass eine solche Antwort, Dawkins führt das natürlich noch weiter aus und geht auf ein paar Punkte ein, an denen man mit seinen Nachforschungen ansetzen könnte, also die Antwort, ich weiß es nicht, immer Respekt verdient. Sie zeugt von Selbsterkenntnis und Selbstsicherheit.

Wie frei darf der Will sein?

Persönlich habe ich so meine Probleme mit der Frage, ob es einen freien Willen gibt. Betrachtet man diese Frage genauer, so fällt vor allem das Wort frei ins Auge. Wovon sollte der Wille frei sein? Im Ursprung von einem äußeren Zwang natürlich. Denkt man genauer darüber nach, sind wir uns schnell einig, dass der Wille nicht frei ist und es auch nicht sein sollte, zumindest nicht im eigentlichen Sinn.

Keiner wünscht sich einen Willen, der frei ist von den eigenen Präferenzen, der eigenen Vergangenheit, dem Temperament und den akzeptierten und für positiv empfundenen Restriktionen. Ein solcher Wille wäre der reine Zufall und kann nicht im Sinne des Anwenders sein. Uns ist klar, dass ein freier Wille immer noch der eigenen Vergangenheit und der eignen Person unterliegt. Mein Wille ist nicht so frei, und soll es auch nicht sein, dass ich auf einmal, grundlos etwas will, dass ich soeben noch nicht wollte.

Die eigentliche Debatte tobt zwischen dem freien Willen und dem Determinismus. Damit sind wir auch wieder bei Dawkins und dem wissenschaftlichen Weltbild. In der Naturwissenschaft beobachten wir nahezu ausschließlich Vorgänge, die determiniert sind. Auf eine Aktion folgt eine Reaktion. Nichts geschieht ohne Auslöser. Und hätten wir nur alle notwendigen Daten und die notwendige Mathematik, so könnten wir den Verlauf der Zeit berechnen. Wir könnten mit den vollständigen Daten, alles vorherbestimmen, da ja alles aus dem bereits geschehenen folgt.

Die Annahme von diesem wissenschaftlichen Weltbild und seinen prominenten Vertreter wie Sam Harris, Richard Dawkins oder Yuval Noah Harari ist, dass die Handlungen von Menschen ebenfalls determiniert sind. Also wir, bei vollständigem Wissen über alle relevanten Daten, genau berechnen könnten, was ich als Nächstes schreibe, tue oder denke. Der freie Wille, oder unsere Selbstwahrnehmung als ein, unter den obigen Einschränkungen, von äußeren Zwängen freier Akteur, ist demnach nur eine Illusion. Eine mächtige Illusion, wie Dawkins in dem oben erwähnten Interview anführt, aber dennoch nur eine Illusion.

Das Libet Experiment

Diese Illusionsannahme stützt sich auf ein prominentes Experiment. Das sogenannte Libet Experiment, Ende der 70er Jahre, benannt nach dem amerikanischen Wissenschaftler Dr. Benjamin Libet. Das Experiment fußt auf der Arbeit von den Doktoren Hans Helmut Kornhuber und Lüder Deecke. Diese hatten im Gehirn, Mitte der 60er Jahre, eine spezielle „Welle“ entdeckt, die unmittelbar vor einer Entscheidung anzusteigen schien. Diese nannten sie das Bereitschaftspotential.

Die Idee des Bereitschaftspotentials war, dass sie den Prozess sichtbar macht, der das Bewusstsein auf eine Entscheidung vorbereitet. Ein solche Entscheidung könnte zum Beispiel die spontane Bewegung eines Armes sein. Im Determinismus würde diese Entscheidung durch einen äußeren Einfluss vorherbestimmt oder determiniert sein. Wir hätten nicht die Möglichkeit uns gegen die Bewegung des Arms zu entscheiden, auch wenn wir es anders empfinden, so die Annahme.

Dr. Libet hatte sein Experiment wie folgt aufgebaut. Der Proband saß und blicke auf eine oszillierende Uhr. Sobald er den Drang verspürte, betätigte er einen Schalter. Dabei merkte er sich die Position der oszillierenden Uhr. In einem Vorexperiment konnte die Abweichung bei der Zeitmessung mit 50 ms als hinlänglich genau bestimmt werden. So wurde also aufgezeichnet, wann der Proband den Willen verspürte und diesen in eine Handlung, das Betätigen des Schalters, umwandelte. Parallel dazu wurden die Hirnströme gemessen, um den zeitlichen Verlauf des Bereitschaftspotentials zu ermitteln.

Bei der Auswertung wurde der, mittels EMG (Elektromyografie)  gemessene, Beginn der Muskelaktivität als Nullpunkt gesetzt. Dr. Libet interessierte, wie viel Zeit vor diesem Beginn der Muskelaktivität das Bereitschaftspotential anstiegt und wie viel Zeit vorher der bewusste Wille nach dem Drücken lag. Die Erkenntnis war, dass das Bereitschaftspotential ca. 500 ms vor der Handlung anstieg. Der Drang den Schalter zu drücken erfolgte allerdings erst 150 ms vor der Muskelaktivität.

Die Folgerung aus diesem Experiment waren bestimmend für den Diskurs Freier Wille vs. Determinismus der nächsten Jahrzehnte. Zentrrale Erkenntnis war, dass das Gehirn bereits die Bereitschaft zur Handlung anlegt, bevor wir den Drang verspüren und somit eine bewusste Entscheidung zum Handeln vollziehen. Die Schlussfolgerung, über die man auch heute noch häufig stolpert, war, dass unser Gehirn uns die freie Entscheidung nur vorspielt und schon Millisekunden davor die Handlung angelegt wird. Scheinbar ohne unser bewusstes Zutun. Das Gehirn entscheidet also, ohne seinen Besitzer, zu handeln, so die Interpretation des Ergebnisses.

Hat uns die Wissenschaft also endlich eine Lösung der Debatte beschert? Sind wir gar nicht der Herr über unsere Handlungen, sondern nur Opfer der Illusion einer autarken Entscheidung? Leider nein, oder Gott sei Dank möchte ich anmerken. Ich werfe an dieser Stelle ein, dass ich eher gewillt bin an einen freien Willen zu glauben. So können Sie, werter Leser, diese Zeilen auch besser einordnen, da sie meine Position, oder unfreundlicher, Voreingenommenheit nun kennen. Vor dem Hintergrund meiner eigenen Position berichte ich dennoch, so objektive es mir eben möglich ist.

Neue Ergebnisse

2010 hatte ein Herr Dr. Schurger eine Erkenntnis. Bei dem Beobachten der Hirnwellen stellte er ein rein zufälliges auf und ab fest, wie bei Wellen im Ozean. Wenn man jedoch dieses Rauschen nach seinen Hochpunkten ordnen und rückwärts mitteln würde, so entstünde das Bild eines ansteigenden Trends, ohne, dass es dafür eine wirkliche Ursache gibt. Genau das hatten aber die Herrn Doktoren Hans Helmut Kornhuber und Lüder Deecke bei ihrem Bereitschaftspotential getan. Dr. Schurger unterzog also das spontane Grundrauschen des Gehirns der gleichen Auswertungsmethodik von Dr. Kornhuber und Dr. Deecke und fand ein Muster, das aussah wie das Bereitschaftspotential.

Für eine Entscheidung im Gehirn müssen mehrere Neuronen zu einem übereinstimmenden Ergebnis kommen, simpel gesprochen. Sehen wir viele Schneeflocken und beobachten wir die Richtung ihrer Bewegung, so kommen wir zu der Erkenntnis, dass der Schnee nach unten fällt. Meist sind wahrgenommene visuelle Reize oder andere äußere Eindrücke, Grundlage oder Auslöser einer Entscheidung und somit einer Handlung. Passiert nichts, tun wir nichts, könnte man sagen. In Dr. Libets Experiment gab es aber keine äußeren Eindrücke, nach denen eine Entscheidung getroffen werden konnte. Es mussten, so zu sagen, zufällig mehrere Neuronen übereinstimmen, um die Handlung auszulösen.

Dr. Schurer stellte den Versuch von Dr. Libet nach. Er erweiterte den Aufbau aber um eine Kontrollgruppe, die nichts tun sollte. Eine künstliche Intelligenz wurde genutzt, um zu ermitteln, zu welchem Zeitpunkt sich die Gehirnwellen der nicht handelnden und handelnden Probanden unterschieden. Sollte Dr. Libet mit seiner Schlussfolgerung richtig liegen, und die Entscheidung zum Handeln ohne unser Zutun stattfinden, so müssten sich die Wellen ca. 500 ms vor der Messung der Muskelaktivität unterscheiden. Der ermittelte Unterschied lag aber bei ca. 150 ms vor der Handlung, also genau in dem Bereich, in dem auch im Dr. Libets Experiment die Probanden eine bewusste Entscheidung zur Bewegung trafen.

Dr. Libets Erkenntnis und die scheinbare Lösung der Frage frei oder nicht frei gilt seitdem als widerlegt. Die Neurowissenschaft hat uns nicht aus der Patsche geholfen. Heißt das nun aber, dass es einen freien Willen gibt. Nun, leider auch das nicht zwingend. Zumal ein wirklich freier, also zufälliger Wille, ja auch keine wünschenswerte Erkenntnis ist.

Freier Wille und MacIntyres Unvorhersagbarkeiten

Ich möchte Sie noch mit Gedanken und Argumenten aus der Philosophie konfrontieren, die wenig bekannt sind. Alistair MacIntyre hat vier zentrale Punkte herausgearbeitet (hier kurz in einem Video dargelegt), mit denen er gezeigt haben möchte, dass ein starker Determinismus vom Tisch ist. Genauer, vier Unvorhersagbarkeiten. Dem Determinismus folgend, und ich mag mich hier bei der Dartstellung täuschen oder zu ungenau sein, ließen sich unsere Gedanken und Handlungen vorherbestimmen, wenn wir nur alle relevanten Daten kennen würden. Hätten wir ein komplettes Wissen über die Daten bzw. Aktionen, so könnten wir die Handlungen bzw. Reaktionen vorherbestimmt. Menschliches Verhalten wäre damit zu 100 % Genauigkeit vorhersagbar (der sogenannte starke Determinismus). 

Laut MacIntyre ist dies logisch unmöglich. Sein erster Punkt, oder die erste Unvorhersagbarkeit ist, die von konkreten Konzepten oder Ideen. Stellen Sie sich drei Steinzeitmenschen vor. Der erste sagt: „In zehn Jahren werden wir das Rad erfinden“, der zweite fragt berechtigterweise: „Was ist ein Rad?“, woraufhin der dritte in allen Details erklärt, was ein Rad ist. Damit ist das Rad aber schon erfunden. Die Entwicklung komplexer Konzepte ist nicht vorhersagbar, da die Vorhersage bereits das Konzept umfassen würde.

Die zweite Unvohersagbeitkeit ist, dass wir nicht wissen können, was wir als Nächstes denken. Unsere zukünftigen Gedanken sind in unserem Gehirn nicht vorhanden, wären sie es, so wären sie unsere jetzigen Gedanken. Daraus folgt auch gleich seine dritte Unvorhersagbarkeit. Der Spieltheorie folgend ist es nicht möglich, den Ausgang eines Spiels mit mehreren unabhängig voneinander handelnden Akteuren mit unterschiedlichen Interessen genau vorherzusagen. Da keiner der Akteure seine zukünftigen Gedanken und Handlungen kennt, kann er auch unmöglich die zukünftigen Handlungen und Gedanken der anderen Spieler kennen.

Die letzte Unvorhersagbarkeit MacIntyres ist die Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse. Wir wissen nicht, wie wir auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren werden. Paris konnte nicht wissen, dass Helenas Aussehen seine Aktionen auf die Art beeinflussen würden, dass er einen Jahrzehnte langen Krieg auslösen würde. Diesen vier Unvorhersagbarkeiten folgend, kann menschliches Verhalten logisch nicht vorhergesagt werden, und damit ist ein starker Determinismus vom Tisch, argumentiert MacIntyre.

So, und was machen wir nun praktisch mit unseren Erkenntnissen?

Für den Autoren scheint festzustehen, dass der freie Wille nicht widerlegt ist und dass ein starker Determinismus schwer mit der wahrgenommenen Welt in Einklang gebracht werden kann. Ein Leben der Annahme folgend, dass wir, basierend auf unserer Person, Präferenz und vergangener Prägung, frei Entscheidungen treffen können und für diese Entscheidungen Verantwortung tragen, erscheint ihm daher sehr sinnvoll. Und selbst Dawkins, ein klarer Anhänger des Determinismus, gesteht ein, dass er auf genau diese Art und Weise seinen Alltag gestaltet.

Der Schwätzer, oder Kategorie, Bedingung und Privileg

Eine typische Situation aus dem Alltag: Es ist morgens ca. 9:00 Uhr und man trifft sich in der Kaffeeküche. Es werden unverfängliche Themen diskutiert und von den individuellen Erlebnissen erzählt. Dabei kennt bestimmt jeder einen gewissen Typ Kollegen. Dieser Typ setzt gerne einen darauf und „toppt“ die eigenen Erzählungen. Dabei beansprucht er, bewusst oder unbewusst, die Privilegien einer bestimmten Kategorie ohne die notwendigen Bedingungen zu erfüllen. Sicher denkt jetzt der ein oder andere meiner Leser: Schön! Was meint der Autor denn nun schon wieder damit? Lassen Sie mich das gerne erläutern:

Kategorie zuerst

Menschen lassen sich entsprechend ihrer Eigenschaften, Fähigkeiten, Verhalten oder Interessen in Kategorien einteilen. Z.B. in die Kategorie „Groß“ oder „Klein“, in die Kategorie „Fußballer“ oder „Boxer“ oder in die Kategorie „Klaustrophober“ oder „Neurotiker“. Es ist nicht unüblich, dass sich Menschen im Gespräch an einer passenden oder auch unpassenden Stelle in eine beliebige Kategorie einordnen. „Ich bin übrigens auch Fußballer“, könnte so ein Satz lauten. Dann läuft bei den Zuhörern ein verständlicher Prozess ab. Jeder hat, aus Erfahrung oder auf Basis von Wissen, eine Vorstellung davon, welche Bedingungen die Zugehörigkeit einer Person zu einer Kategorie mit sich bringt. Eine solche Annahme bzgl. des Fußballers könnte unter anderem sein:

  • Die Person kann Fußballspielen
  • Die Person ist oder war in einem Verein aktiv
  • Die Person spielt immer noch in regelmäßigen Abständen Fußball

Dann Bedingung und Privileg

Sollte sich später herausstellen, dass die Person keine der Bedingungen erfüllt, werden die wenigsten Menschen die Person damit konfrontieren. Die meisten sehen wenig Nutzen in direktem Konflikt. Aber so gut wie alle Zuhörer der ursprünglichen Behauptung werden, wenn die Tatsache offenbar wird, dass die Person keine der Bedingungen erfüllt, im Gedächtnis speichern, dass die Person, gelinde gesagt, nur ein Schwätzer ist. Mit der Zugehörigkeit zu jeder Kategorie gehen gewisse Privilegien einher. Einem Fußballer wird mehr Aufmerksamkeit und seinen Aussagen mehr Gewicht geschenkt, bei einem Disput zum Thema Fußball. Mit der Behauptung einer gewissen Kategorie anzugehören, fordern Personen also, direkt oder indirekt, die Privilegien ein, die mit der Erfüllung der Bedingungen einhergehen.

„Sie können mir ruhig glauben, ich bin Programmierer.“ Hat nur eine Bedeutung oder seine Aussagen haben nur dann ein Privileg, wenn er tatsächlich die Bedingungen der Kategorie erfüllt.

Wenn es zu einer Kategorie keine Bedingungen gibt, außer der Aussage der Zugehörigkeit, dann erfüllt die Kategorie keinen Zweck, außer, scheinbar zumindest, die Privilegien für sich zu beanspruchen. Beraubt man eine Kategorie ihrer überprüfbaren Bedingungen, so verliert sie auch alle Privilegien und damit die Relevanz der Erwähnung.

Blotz

Nehmen wir z.B. an, dass es die Kategorie „Blotz“ gibt. Eine Person muss keine Bedingungen erfüllen, um „Blotz“ zu sein, außer zu behaupten, sie wäre „Blotz“. Niemand würde der Aussage „ich bin übrigens Blotz“ Beachtung schenken. Sie hat keinen Wert. Die Zugehörigkeit zu einer Kategorie und das Wissen über die Zugehörigkeit einer Person zu einer Kategorie hat für Menschen einen Wert. „Hol Alex, der ist Ersthelfer“, hat einen klaren Mehrwert. Allerdings nur dann, wenn Alex auch wirklich die Bedingungen der Kategorie erfüllt.

„Blotz“ hat keinen Mehrwert. Die Aussage ist sinnentleert, da damit nicht die Behauptung einhergeht, man würde diese oder jene Bedingung erfüllen.

Wohin will ich damit eigentlich?

Mann und Frau

Wenn ich an die Kategorie „Frau“ oder „Mann“ keine Bedingung mehr knüpfe, außer, die Behauptung dieser Kategorie anzugehören, dann verliert das Wort bzw. die Kategorie jegliche Bedeutung. Wenn jeder eine Frau ist, der sich dazu erklärt, dann hat „Frau sein“ keinen Inhalt mehr. “Frauen und Kinder zuerst” wäre Sinn entleert. Jeder in einer ausreichenden Notsituation wäre sofort eine Frau.

An die Kategorie „Frau“ und „Mann“ Bedingungen zu knüpfen, ist notwendig. In der Vergangenheit waren diese Bedingungen so einfach, dass wir sie bereits 3-jährigen Kindern beibringen konnten.

Aktuell kann man aber den Versuch beobachten, die Zuordnung zu der Kategorie „Frau“ oder „Mann“ bedingungslos zu gestalten, ohne gleichzeitig auf die Privilegien zu verzichten. Die Aussage „Transfrauen sind Frauen“ zielt genau darauf ab, alle Privilegien, die Frauen genießen, auch Transfrauen zugänglich zu machen.

Die Bedingung in der Vergangenheit war, dass man weiblich sein musste, um eine Frau zu sein. Jetzt könnte man anmerken, dass ich das Problem der klaren Bedingung nur verschiebe, denn welche Bedingung muss denn für die Kategorie „weiblich“ erfüllt sein. Da sind wir wieder bei den 3-jährigen Kindern. Man erklärt es am Vorhandensein oder Nichtvorhandensein gewisser Geschlechtsmerkmale. Genauer, der primären Geschlechtsmerkmale. Da es aber sein kann, dass Menschen über gewisse primäre Geschlechtsmerkmale verfügen, aber dennoch nicht klar männlich oder weiblich sind, muss man etwas genauer werden. Aktuell wird das an den Gameten festgemacht, also ob ein Organismus Eizellen oder Samenzellen produziert, bzw. primär auf die Produktion des Einen oder Anderen ausgelegt ist.

Tatsächlich basieren die Privilegien einer Kategorie auf den Bedingungen. Einem Fußballer glaubt man eher beim Thema Fußball, weil er das Fußballspielen seit Jahren betreibt und verfolgt. Eine Frau genießt gewisse Privilegien in der Gesellschaft, weil sie gewisse Eigenschaften hat. Der instinktive Ausruf “Frauen und Kinder zuerst”, also der Ausdruck, dass besonders Frauen und Kinder schutzbedürftig oder überlebenswichtig sind, liegt die Tatsache der Fortpflanzung zugrunde. In einem Stamm kann ein Mann zur Not alle Frauen schwängern, aber eine Frau kann nicht gleichzeitig die Kinder aller Männer austragen. Für das biologische Überleben einer Gruppe sind also Frauen und Kinder entscheidend und Männer entbehrlich.

Wenn sich nun aber Männer als Frauen erklären dürfen, so genießen sie Privilegien, ohne dafür eine logische Grundlage zu haben. Frauen und Kinder sind besonders schutzbedürftig. Dieser Bedarf begründet sich unter anderem auch dadurch, dass Frauen und Kinder Männern körperlich unterlegen sind. Zusätzlich sind die aggressivsten und damit für andere gefährlichsten Menschen in einer Gruppe oder Gesellschaft, Männer. Auch im Bereich sexueller Gewalt sind Männer als Tätergruppe bezogen auf ihren Bevölkerungsanteil stark überrepräsentiert.

Die Privilegien, vor allem der besondere Bedarf an Schutz, sind also begründet durch empirisch beobachtbare Tatsachen. Aktuell zwingt uns der Zeitgeist aber dazu, die subjektiven Emotionen einzelner oder sehr kleiner Minderheiten höher zu bewerten, als die durch Beobachtung begründete Realität.

Es ist wichtig, dass wir, als Gesellschaft, es auch Minderheiten ermöglichen, ein Leben entsprechend ihrer Empfindungen zu führen. Wir gehen aber zu weit, wenn wir Kategorien und Privilegien, die empirisch begründet sind, dem subjektiven Empfinden Weniger opfern. In einer freien, westlichen Gesellschaft darf kein Mensch erwarten, dass seine Empfindungen über sich oder die Realität, beobachtbare Tatsachen und darauf begründete Regelungen für alle Menschen außer Kraft setzen. Eine konsequente Anwendung dieses Prinzips, also die subjektive Empfindung höher zu werten als objektive Regelungen, macht ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Individuen in einer Gesellschaft unmöglich.

Gender – Der Versuch einer Einordnung

Ich bin im Jahr 1982 geboren, ein Kind der 80er und verlebte meine Jugend in den 90ern, geprägt von Bravo und Baywatch, oder in meinem Fall, geprägt von dem White Dwarf und ‘Star Trek The Next Generation’. Ich hatte in meiner Jugend einen Job im produzierenden Gewerbe. Dort spülte ich Kapillarrohre, machte die Qualitätsprüfung von Bauteilen oder schraubte einzelne Komponenten eines Probengebers oder der Optik zusammen. Am Ende kam als Produkt ein chemischer Chromatograf raus.

Ein Mitarbeiter in diesem Unternehmen wollte kein Mann mehr sein. Ich kannte den Herren kaum, ich glaube, er saß oben, in der Softwareentwicklung, während ich unten bei den Arbeitern in der Produktion meinen Dienst verrichtete. Also war der Herr dann eine Dame, kleidete sich entsprechend und wurde, nach allem was ich mitbekam, auch so behandelt. Ob der Herr oder die Dame medizinische Maßnahmen ergriffen hat, um seine Erscheinung über die Garderobe hinweg weiter dem gewünschten Geschlecht anzugleichen, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war das mein erster Kontakt mit dem Thema Transsexualität, wie man in den 90ern noch sagte.

Heute sprechen wir davon, dass man sich sein Gender auswählen kann. Sagen wir zwar nicht so, wir sprechen davon, sich sein Geschlecht aussuchen zu können, meinen aber Gender, wenn es ums Aussuchen geht. Die deutsche Sprache ist da um einen Begriff ärmer als die englische. Im Englischen unterscheidet man zwischen ‘sex’ und ‘gender’. Der erste Begriff meint das biologische Geschlecht, der zweite Begriff meint das, ja was eigentlich? Was bedeutete der immer häufiger gebrauchte Begriff ‘Gender’ und woher kommt er?

Wie wird Gender definiert und woher kommt der Begriff

Nehmen wir einmal eine zeitgenössische Definition und schauen, wie weit wir damit kommen. Auf der Seite Genderdings finden wir folgendes: „„Gender“ ist ein englisches Wort für Geschlecht. Genauer: für das soziale, das gelebte und gefühlte Geschlecht, im Unterschied zu „sex“, dem bei Geburt aufgrund körperlicher Merkmale zugewiesenen Geschlecht.“

Dass das Englische hier zwei Begriffe hat, wussten wir ja schon. Neu ist jetzt, dass Gender das soziale, gelebte und gefühlte Geschlecht meint. Alternativ kann man auch von Geschlechtsidentität sprechen, wie wir weiter unten auf der Seite finden. Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang dann immer schnell ergibt, ist, wie viele Geschlechter oder Geschlechtsidentitäten gibt es denn? Wir erfahren, viele, sehr viele, auf jeden Fall mehr als zwei und vielleicht so viele wie es Menschen gibt. Wir kommen später nochmal auf die Geschlechtsidentität und ihre Anzahl.

Aber woher kommt der Begriff Gender denn nun? Im Englischen, so habe ich es noch gelernt, steht Gender seit Jahrzehnten nur für das grammatikalische Geschlecht von Wörtern. Im Deutschen ist der Ausdruck dafür das Genus. Erst 1955 wird der Begriff für die Geschlechtsidentität benutzt. Und zwar von einem Mann namens John Money (er hatte auch die Begriffe Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen eingeführt).

Er meinte damit ein soziales Geschlecht, das von dem biologischen Geschlecht unterschiedliche sein könne. Frei nach Simone de Beauvoir, die schrieb, zu einer Frau wird man gemacht, ging Money davon aus, dass unsere Geschlechtsidentität ein soziales Konstrukt ist. In seiner Vorstellung reduziert die Gesellschaft die Diversität der Geschlechter künstlich oder konstruiert auf lediglich zwei, männlich und weiblich. Weiter war er der Überzeugung, dass man einen Jungen nur durch Erziehung zu einem Jungen macht.

Der Fall Bruce/Brenda oder John/Joan

Money bekam auch eines Tages die Chance, seine Theorie zu testen. Die Familie Reimer kam zu ihm mit ihrem Sohn Bruce. Er hatte eine Vorhautverengung und bei dem Versuch diese zu beheben war der Penis irreparabel beschädigt worden. Money sah seine Chance und empfahl der Familie die Kastration und den rudimentären Aufbau weiblicher Genitalien und die Erziehung von Bruce als Brenda, also als Mädchen. Wichtig dabei sei, dass Bruce/Brenda niemals erfahren dürfe, dass er eigentlich, zumindest biologisch, einmal ein Junge gewesen ist.

Bruce bekam ab dem 12. Lebensjahr weibliche Hormone. Interessant war auch, dass Bruce einen Zwillingsbruder hatte. Es wurden auch jährliche Termine vereinbart, in denen Money die Kinder untersuchte und den Fortschritt dokumentierte. Money war eine Koryphäe auf seinem Gebiet und veröffentlichte Arbeiten über seinen erfolgreichen Beweis, dass ein Junge einfach zu einem Mädchen werden konnte, wie zum Beispiel „Transsexualism and Sex Reassignment“ im Jahr 1969.

In der Literatur wurde der Fall als „John/Joan“ berühmt, so nannte Money Bruce/Brenda in seinen Werken. Dafür war nur notwendig, dass man ihn als Mädchen behandelt, die Geschlechtsteile angleicht und ihm Hormone gibt. Diese Erkenntnisse wurden über Jahrzehnte so an den unterschiedlichen Universitäten unterrichtet und sind die Basis für die heutigen Forderungen, die unter anderem in Deutschen Selbstbestimmungsgesetz Eingang gefunden haben.

Aber was wurde tatsächlich aus Bruce? Erst 1997 wurde in „Archives of Adolescent and Pediatric Medicine“ bekannt, dass das Experiment gescheitert war. Brenda benahm sich nie wie ein Mädchen, sie interessierte sich nicht für Puppen und Schmuck, sondern für das Spielzeug ihres Bruders, Autos und Waffen. Sie tobte und raufte und wollte nur Hosen tragen. Sie wollte auch nie im Sitzen urinieren. Erst mit 14 fand sie heraus, dass sie einmal ein Junge war und machte daraufhin die Geschlechtsumwandlung rückgängig.

Es wurde auch bekannt, warum die Kinder nie zu den Terminen zur Untersuchung in die Johns Hopkins Gender Identity Clinic zu Dr. Money fahren wollten. Er hatte die beiden über Jahre hinweg sexuell missbraucht. Money vertrat auch andere krude Ideen, um freundlich zu bleiben, wie die „sexuelle Schulung und Erziehung von Kindern“. Ich gehe an der Stelle nicht genauer darauf ein, was er damit konkret meinte. Der Bruder von Bruce/Brenda starb 2002 an einer Überdosis Medikamenten und Bruce/Brenda nahm sich im Jahr 2004 das Leben. Seine Mutter sprach davon, dass ohne John Money und sein gescheitertes Experiment ihr Sohn noch am Leben wäre.

Gender vs Geschlecht

Der Ursprung des Wortes Gender und der Idee, man könne einfach sein soziales Geschlecht wechseln, geht also auf eine, gelinde gesagt, dubiose Figur, John Money, und ein gescheitertes Experiment zurück. Aber machen wir mal weiter bei dem Versuch den Begriff und seine Definition genauer zu verstehen. Gender meint also das soziale Geschlecht oder die Geschlechtsidentität und kann vom biologischen Geschlecht abweichen. Nehmen wir uns kurz die Zeit und rekapitulieren, was das biologische Geschlecht ist und meint.

Lebewesen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen, Prokaryonten und Eukaryonten. Eukaryonten haben einen Zellkern, Prokaryonten haben keinen Zellkern. Die Eukaryonten (Pflanzen, Tiere und Pilze) pflanzen sich geschlechtlich oder sexuell fort. Dabei wird die DNA von zwei Organismen kombiniert und es entsteht eine neue einmalige DNA. Ein Teil steuert dabei größere Keimzellen bei, auch Eizellen genannt, und wird als weiblich bezeichnet, und ein anderer Organismus steuert kleinere Keimzellen, oder Samenzellen, bei und wird männlich genannt. Ein anderes Geschlecht gibt es nicht.

Neben dem klar binären biologischen Geschlecht soll also die Geschlechtsidentität abweichen können und alles andere als binär sein. Die Frage, die sich aber an dieser Stelle stellt, ist, wie unterscheidet sich die Geschlechtsidentität von der Identität? Es ist klar, dass es so viele Identitäten gibt, wie es Menschen gibt. Und es ist auch klar, dass ein Teil der Identität die individuelle Sexualität ist. Was ist aber die Geschlechtsidentität? Ist es der Teil der Identität, der sich mit der Sexualität als allem rund um das Thema Geschlecht und Fortpflanzung dreht? Es scheint nicht einfach zu sein.

Genderdings widerspricht sich in dem Begriff Wirrwarr schnell selbst.
An einer Stelle finden wir: „Der Begriff ‚Gender‘ wird … genutzt: Immer dann, wenn es um das soziale Geschlecht und um Geschlechtsidentität … geht.“,
also Gender=Geschlechtsidentität/soziales Geschlecht. Oder Gender=Geschlechtsidentität,
dann finden wir: „Mit dem sozialen Geschlecht sind Geschlechterrollen gemeint.“,
also Gender= Geschlechtsidentität/soziales Geschlecht=Geschlechterrollen oder Gender=Geschlechterrollen,
und dann finden wir: „Geschlechtsidentität ist nicht das gleiche, wie Geschlechterrollen.“,
also Gender= Geschlechtsidentität ≠ Geschlechterrollen= Gender oder Gender≠Gender.

Nehmen wir, um wenigstens weiter machen zu können, trotz all der Verwirrung den Begriff Geschlechtsidentität. Damit Gender als Geschlechtsidentität aber einen Zweck erfüllt, kann sie nicht identisch sein mit der Identität, sonst wäre der Begriff überflüssig. Nehmen wir also an, dass Gender die Geschlechtsidentität als Teil der Identität meint, der alles beinhaltet, was mit Sexualität und Geschlechtlichkeit zu tun hat, ohne diese Begriffe weiter zu beleuchten. So weit würde sich keiner daran stören. Ich denke, es ist offensichtliche, dass jeder Mensch eine individuelle Sexualität hat oder eben seine eigene Geschlechtsidentität bzw. eben Gender.

Freie Wahl bei der Identität?

Jetzt ist aber die Vorstellung, dass man sich seine Geschlechtsidentität frei wählen kann, eng mit dem Begriff Gender verbunden. Grundlage hierfür ist die Theorie von John Money, die im ersten Experiment bereits gescheitert war (zugegeben, Experimente mit einer Grundgesamtheit von N=1 sind nicht sonderlich aussagekräftig). Übertragen wir das Konzept doch mal auf andere Bereich der Identität wie meine Präferenzen bei Essen. Kann ich frei wählen, was ich für Speisen ich mag? Können Sie das, werter Leser? Die einfache Beobachtung des Alltags zeigt, dass man das nicht kann. Jeder mit einem Wunsch nach einer schlanken Figur würde seine Leidenschaft für Schokolade einfach gegen eine Leidenschaft für Gurken tauschen.

Ebenfalls in den 90ern wurde ich so erzogen, dass Homosexualität angeboren ist und wir Menschen so akzeptieren müssen wie sie sind. Eine versuchte Umerziehung von Homosexuellen verstößt gegen die Menschenwürde. Und das war damals und auch heute noch durchaus Thema. Speziell fundamentale Christen sind davon überzeugt, dass man Homosexualität „heilen“ kann. Tatsächlich kann ich nicht wählen, zu welchem Geschlecht ich mich hingezogen fühle. Der Mensch kann auch nicht wählen, welche Merkmale oder Praktiken er sexuell als anregend empfindet und welche nicht. Das alles ist Teil der sexuellen Selbstempfindung und somit auch Teil der Geschlechtsidentität oder Teil von Gender.

Wie ist es aber mit dem Kollegen aus dem produzierenden Gewerbe aus der Anekdote in der Einleitung? Hat er sein Schicksal selbst gewählt? Ich denke nicht. Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem Homosexuellen, der anmerkte, dass, wenn er die Wahl hätte, dann hätte er ein normales Leben gewählt. Es ist klar, dass es Menschen gibt, die sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen. Es ist darüber hinaus auch klar, dass es Menschen gibt, die sich mit dem eigenen biologischen Geschlecht unwohl fühlen. Beides bedeutet aber nicht, dass sich jeder sein Geschlecht oder seine sexuelle Präferenz frei wählen kann.

Eine sogenannte Geschlechtsinkongruenz oder Geschlechtsdysphorie muss klar diagnostiziert werden. Nicht jeder Heranwachsende, der in seiner Pubertät ein Unwohlsein gegenüber der eigenen Geschlechtsidentität entwickelt, ist automatisch im falschen Körper. Studien zeigen, dass über 80 % der Jugendlichen im späteren erwachsenen Leben das Unwohlsein ablegen. Ein Großteil davon erweist sich als Homosexuelle. Für Personen mit einer Geschlechtsinkongruenz sind unterschiedliche Behandlungen sinnvoll und hilfreich. Für Personen, deren Ursache für das empfundenen Unwohlsein mit der eigenen Geschlechtsidentität woanders liegt, sind die gleichen Behandlungen jedoch schädlich und gefährlich.

Gender meint also den Teil der Identität, der die eigene Sexualität und die eigene Geschlechtlichkeit beinhaltet. Die Vorstellung, dass man diese frei wählen könne, steht nicht in Übereinkunft, mit allem was wir von Identität wissen und im Alltag erleben. Weiter heißt das aber nicht, dass es keine Geschlechtsinkongruenz gibt, und dass man diese nicht mit z.B. Hormonen behandeln sollte. Nur vor der Behandlung, die irreversible Folgen wie Zeugungsunfähigkeit oder Unfruchtbarkeit haben kann oder einer Operation (deren Fehlerquote je nach Quelle mit 30 % bis 60 % angegeben wird) sollte eine klare psychologische Diagnose stehen, um sicherzustellen, dass die Behandlung auch die Ursache des empfundenen Unwohlseins bekämpft.

Frauen, warum sind keine 50 % von ihnen Führungskräfte?

Die Bevölkerung besteht zur Hälfte, oder knapp über der Hälfte aus Frauen. Der Rest sind Männer. Jetzt gibt es die berechtigte Annahme, wenn sich alle frei entscheiden können, dann sollten doch auch die Führungskräfte zu 50 % aus Frauen bestehen. Wir beobachten, dass auch nach Jahrzehnten der Öffnung des Arbeitsmarktes für Frauen, immer noch nicht die Quote erfüllt ist. Der Schuldige ist schnell gefunden: Diskriminierung.

Der Debatte liegt das Thema nature vs. nurture zugrunde, zu Deutsch Natur gegen Erziehung. Es geht also um die Frage, was ist angeeignet und somit durch politische, kulturelle oder gesellschaftliche Maßnahmen beeinflussbar und was liegt in den Händen von Mutter Natur und ist damit unserem Einfluss entzogen. Ist es aber wirklich die Diskriminierung, die hier die alleinige Erklärungskraft hat, oder gibt es noch andere Gründe? Und welche Erklärungskraft haben diese anderen Gründe.

Bedürfnis von Frauen in Führungsrollen zu gehen

Gehen wir zunächst näher auf die Führungskraft ein. Nun, bevor wir uns fragen, welche Ansprüche eine Gesellschaft oder ein Gesellschafter, also Anteilseigner einer Firma, an eine Führungskraft hat, gibt es eine ganz klare und einfache Eigenschaft, die eine Führungskraft haben muss. Das persönliche Interesse. Wenn wir dem Individuum zugestehen, unabhängig von seinem Vermögen das Eine zu tun, sich dennoch im Leben für das Andere zu entscheiden, ist der Wille Führungskraft zu werden ein unbedingtes Kriterium. Nicht jeder, der ein guter Steuerberater geworden wäre, wird auch Steuerberater, manch einer will eben lieber Profifußballer oder Postbeamter werden.

Wie sieht es aber aus mit dem Willen in Führungsverantwortung zu gehen bei Männern und Frauen? Dazu werden seit Jahren unterschiedliche Umfragen durchgeführt. Alle deuten auf eine ungefähre Aufteilung von 30/70 bis 40/60 hin (z.B. hier oder hier). Simple gesprochen, wollen also nur ein Drittel der Frauen in Führungspositionen. Jetzt könnte man argumentieren, dass es gesellschaftlich immer noch starke Einflüsse gibt, die Frau an den Herd zu bringen und nicht in Führungspositionen. Mir ist aber keine einzige solche öffentliche Initiative bekannt.

Gesellschaftlicher Einfluss

Über Initiativen Frauen in Berufe und in Führungsverantwortung zu bringen bin ich in meinem Leben schon sehr häufig gestolpert. Ich möchte hier kein Argument anführen, dass unsere Gesellschaft Frauen in diese Rolle drängen möchte (auch wenn dieser Nachweis sicher nicht schwer sein dürfte). Es geht mir nur darum festzustellen, dass ich den gesellschaftlichen Einfluss in die andere Richtung als nicht nennenswert und ohne großen Einfluss erachte.

Halten wir also fest, selbst, wenn es keinen Unterschied in der Befähigung von Frauen Führungspositionen zu besetzen gibt, wäre ihr Interesse an einer solchen Laufbahn schon ein Grund, warum wir keine 50/50 Verteilung vorfinden würden. Jetzt haben bei dem Satz bestimmt ganz viele gestutzt: Hat er gerade gesagt, keine Frau kann Führungskraft werden?

Ich kann Sie, werter Leser, aber beruhigen. Absolute Aussagen sind immer falsch. Weder “keine” noch “jede” Frau kann Führungskraft werden. Bei den Männern ist es ähnlich, weder “keiner” noch “jeder” Mann kann Führungskraft.

Eigenschaften einer Führungskraft

Nähern wir uns dem Thema doch von der Seite des Investors, oder Unternehmers. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein beträchtliches Vermögen, dass Sie gerne für sich arbeiten lassen wollen. Sie beschließen, damit ein Unternehmen zu gründen. Kaufen also die notwendigen Gebäude und Maschinen und stellen Mitarbeiter ein. Bedenken Sie, Sie wollen nicht selbst arbeiten, immerhin haben Sie schon das ganze Geld mitgebracht. Das sollte genug Anstrengung sein. Daher brauchen sie einen Geschäftsführer und auch weitere Führungskräfte. Aber welche Eigenschaften sollten diese Führungskräfte mitbringen, damit Sie völlig sorglos ihr ganzes Geld für sich arbeiten lassen können, und auch noch genug Gewinn übrig ist, um die Führungskräfte und die Belegschaft angemessen genug zu bezahlen?

Eine der Anforderungen, auf die wir uns einigen können, ist sicher, der Geschäftsführer sollte klug sein. Die Klugheit können wir einigermaßen gut messen über den IQ. 70 % der Menschen liegen zwischen einem IQ von 85 und 115. Weitere 14 % zwischen 70 und 85 und zwischen 115 und 130. Damit wären 70 % + 28 % = 98 % abgedeckt. Die restlichen 2 % liegen je zur Hälfte unter 70 und über 130. Nehmen wir an, sie wollen einen wirklich klugen Kopf, also über 130. Aber wie ist mit Männern und Frauen? Sind beide gleich intelligent. Ja und Nein. Der Bereich ist der gleiche, nur die Verteilung eine leicht andere. Frauen liegen mehr in der Mitte, Männer liegen mehr in den Extremen. Der Effekt ist nicht riesig, aber ausreichend, als dass wir im Bereich unter 70 und im Bereich über 130 ungefähr zu zwei Dritteln Männer finden.

Also sind wir nach Präferenzverhalten und Intelligenz bereits bei einem Drittel von einem Drittel (wenn sich die beiden Eigenschaften nicht überschneide, was sie in der Realität aber dürften) der Frauen, die für Ihre Geschäftsführung infrage kommen. Neben Intelligenz gibt es aber noch andere Werte. Wenn wir die gut dokumentierten Big Five zurate ziehen, also:

  • Aufgeschlossenheit neue Erfahrungen zu machen,
  • Perfektionismus oder Gewissenhaftigkeit,
  • Extraversion bzw. Introversion,
  • Verträglichkeit ohne andersherum gesagt Konfliktfreudigkeit,
  • Neurotizismus, meint die Tendenz negative Emotionen zu empfinden,

dann kommen wir wieder etwas weiter.

Ich hoffe, Sie stimmen mir zu, dass Sie eine Persönlichkeit bevorzugen, die hohe Werte in Perfektionismus, Konfliktfreude und einen niedrigen Wert in Neurotizismus aufweisen. Führungskräfte stellen ungefähr 5 % der Arbeitskräfte in Deutschland, und damit sollte auch klar sein, dass sich in diesem Bereich eher außergewöhnliche Persönlichkeiten finden. Sie wollen also einen Geschäftsführer, der kluge Entscheidungen trifft, bei der Umsetzung sehr gewissenhaft vorgeht, die Entscheidungen und ihre Interessen gegen jeden Widerstand vertritt und, der sich bei all dem Stress auch noch ziemlich wohlfühlt. Wie sieht es nun mit der Verteilung dieser Eigenschaften bei Männern und Frauen im Schnitt aus? Der Perfektionismus ist ziemlich gleich verteilt. Die Unterschiede in diesem Bereich sind also zu vernachlässigen.

Die Unterschiede in Konfliktfreude und Neurotizismus sind deutlicher. Im Mittel liegen wir da bei 60/40 in der Konfliktfreude und ein bisschen geringer im Neurotizismus. Das sind aber die Mittelwerte. Sie wollen doch aber keine mittelmäßige Führungskraft, oder? Sie wollen jemanden mit sehr hoher Konfliktfreude. Lieber einmal zu viel kritisch nachgefragt oder den eigenen Standpunkt vertreten als einmal zu wenig. Und auch beim Neurotizismus brauchen sie eine Person, die den Stress und die Belastung erträgt, ohne dabei ein Übermaß an negativen Emotionen zu empfinden.

Ähnlich wie bei der Intelligenzverteilung sind die geringen Unterschiede im Mittel, große Unterschiede im Extremen. Die Persönlichkeiten mit sehr hohen Ausprägungen von Konfliktfreude und mit sehr geringen Ausprägungen von Neurotizismus sind, speziell in dieser Kombination zu einem großen Teil Männer. Sind wir freundliche und sagen wir, uns reicht der Bereich aus, bei dem wir einen Anteil von einem Drittel an Frauen haben. Wo stehen wir dann?

Wie ist denn nun die Verteilung in Deutschland

Nun, wenn wir also Präferenz, Intelligenz, Konfliktfreude und Stressresistenz (quasi der Kehrwert vom Neurotizismus) nehmen sind wir bei einem Drittel von einem Drittel von einem Drittel von einem Drittel. Wir haben aber nicht berücksichtigt, wie die Größen, die wir betrachtet haben, zusammenhängen, also ob man z.B. bei Personen mit einem IQ von 130 oder mehr, eine häufigere Ausprägung von hohem Perfektionismus hat. Auch haben wir die Größen nicht gewichtet. Ist es wichtiger, eine hohe Konfliktfreude zu haben, oder einen genialen Intellekt?

Aber wir wollten ja eine Führungskraft für ihr Unternehmen finden. Ich denke aber, dass klar sein sollte, dass die relevanten Eigenschaften in den höheren oder extremen Bereichen, die für Führungskräfte entscheidend sind, nicht 50/50 auf Frauen und Männer verteilt sind, sondern eher immer zu 33/66, also ein Drittel Frauen zu zwei Drittel Männer. Wenn sich die Größen eine gewisse Balance halten, dann könnten wir annehmen, dass ungefähr ein Drittel der Führungskräfte Frauen sind.

Frauen in Fhrungspositionen

Wie ist es denn in Deutschland? Nun, der aktuelle Anteil der Frauen bei den Führungskräften ist ungefähr… ein Drittel.

Geschlecht – Gesellschaftlich konstruiert oder bestimmender Faktor?

Vor Jahren habe ich einmal eine sehr gute Dokumentation gesehen. Nicht direkt über Geschlecht. Der Moderator der Dokumentation, Harald Eia, ist „Unterhaltungskünstler“. Im Ursprung war die Doku auf Norwegisch, da ich der Sprache nicht mächtig bin, leider, musste ich die englische Synchronisation wählen. Das Thema und der Titel waren „nature vs. nurture“. Der Originaltitel ist Hjernevask, was soviel wie Gehirnwäsche bedeutet. Man findet die Doku noch, wenn man unter einschlägigen Video-Portalen sucht, sie ist von 2010 (hier auf dem Vertreter von Google als Liste). Es ist eine der besten Dokumentationen, die ich je gesehen habe.

Der erste Teil, das Gleichstellungsparadoxon, und der fünfte Teil, es gibt insgesamt sieben, mit dem Titel homo/hetero, passen aktuell wieder sehr gut in die Debatte des Zeitgeists.

Diese Debatte tobt rund um das Thema Trans, Gender, LGBTQ+ und so weiter. Sie findet, wie so viele kulturelle Debatten heutzutage, zuerst in den USA statt. In der englischen Sprache hat man es dort etwas leichter. Es gibt die Worte “sex” und “gender”. “Sex” meint das biologische Geschlecht. “Gender” meinte, bis vor wenigen Jahren, das grammatikalische Geschlecht, wurde aber dazu umfunktioniert, die Geschlechtsidentität zu meinen (Übrigens, für den interessierten Leser versuche ich hier, mich dem Begriff Gender einmal zu nähern).

Im Deutschen müssen wir vom biologischen Geschlecht auf der einen Seite und der Geschlechtsidentität auf der anderen Seite sprechen. Zur Vereinfachung spreche ich vom Geschlecht und meine damit das biologische Geschlecht und von der Identität und meine damit die Geschlechtsidentität.

Das biologische Geschlecht

Nehmen wir zuerst das Geschlecht und wie dieses definiert wird. Es geht nicht um äußere Geschlechtsmerkmale oder Chromosomen, obwohl beides sehr, sehr gute Hinweise auf das tatsächliche Geschlecht sind. Es geht um die sogenannten Gameten, auch Geschlechtszellen genannt, und die Auslegung des Körpers diese zu produzieren.

Ist ein Organismus darauf ausgelegt, Eizellen zu produzieren, ist er weiblich und ist er darauf ausgelegt, Samenzellen zu produzieren, ist er männlich. Ein anderes Geschlecht (bitte daran denken, ich spreche vom biologischen) gibt es nicht. Es gibt beim Menschen Variationen, die eine Kategorisierung in männlich oder weiblich nicht möglich machen. Dabei geht es aber um eine sehr kleine Minderheit von ca. 0,018 %. Zum Vergleich, Menschen mit 6 Fingern sind häufiger (ungefähr 0,2 % oder zehnmal häufiger).

Was ist nun Gender?

Die Identität, so die Position in der Debatte, kann von dem Geschlecht unterschiedlich sein. Ein Mensch mit männlichem Geschlecht kann also eine weibliche Identität haben und ein weiblicher Mensch kann eine männliche Identität haben. Es wird auch die Behauptung vertreten, dass das Geschlecht (etwas unklar, welches jetzt gemeint ist, das biologische oder die Identität) ein soziales Konstrukt ist. Genauer gesagt ist damit gemeint, dass nur die gesellschaftlichen Einflüsse die Identität (wir gehen einfach mal davon aus, dass diese gemeint ist, alles andere wäre, nun, wenig einfallsreich) bestimmen und es keine biologischen Einfluss gibt. Auch die Position, dass es kein biologisches Geschlecht gibt, wird von extremeren Kreisen vertreten.

Versuchen wir herauszufinden, ob es eine biologische Komponente in der Identität gibt und ob diese eine große oder eher geringe Rolle spielt. Eine ähnliche Debatte wurde auf höherer Abstraktionsebene schon vor Jahren geführt. Es ging dabei um die Frage, ob der Mensch als blankes Blatt Papier auf die Welt kommt, das dann von der Gesellschaft geformt oder, bildlich, beschrieben wird.

Eine zentrale Frage in dieser Debatte war, ob kriminelle Menschen als solche geboren werden (denn dann könnten wir als Gesellschaft nichts dagegen tun) oder von der Gesellschaft erst kriminell gemacht werden (dann könnte die Gesellschaft offensichtlich etwas dagegen tun). Der soziale Konstruktivismus nutze diese Vorstellung, um für radikalen gesellschaftlichen Wandel zu argumentieren. Stephen Pinker hat das Thema in seinem empfehlenswerten Buch “The blank Slate” abgehandelt.

Bleiben wir aber bei der Frage, ob es einen biologischen Einfluss auf die Identität gibt und welche Rolle dieser spielt. Optisch gibt es einen Einfluss. Ein Versuch, der diese Auswirkung messbar gemacht hat, war die Gesichtserkennung. Dabei werden Haare, Bart, Schminke und Schmuck entfernt bzw. ausgeblendet, sodass nur die Gesichtszüge mit geschlossenen Augen zu sehen sind. Dann sollen die Versuchspersonen das Geschlecht (wieder das biologische) kategorisieren. Die Erfolgsrate bei verschiedenen Versuchen lag bei über 95 % (z.B. hier). Wir sind also recht gut darin, das Geschlecht in den Gesichtszügen zu erkennen.

Aber wie sieht es mit der Identität aus? Wenn wir diese sichtbar machen, können wir sie dann auch einem Geschlecht zuordnen? Und wie sieht es dan mit dem Einfluss unterschiedlicher Gesellschaften aus?

Stellen wir eine Annahme auf:

Wenn die Identität nur ein gesellschaftliches Konstrukt, ohne biologische Komponenten oder Abhängigkeit vom Geschlecht, wäre, dann würden wir in unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedliche Ergebnisse beobachten. In einer Gesellschaft, die noch stark traditionelle Männer- und Frauenrollen in ihrer Kultur, ihren Regeln und ihren Gesetzen durchsetzen möchte, sollte die korrekte Zuordnung von Identität zu Geschlecht sehr einfach oder erfolgreich sein. Anders gesagt, in einer traditionellen Gesellschaft sollte die Erfolgsquote bei der Zuordnung einer betrachteten Identität auf ein Geschlecht hoch sein. Identitäten, die männlich scheinen, gehören zu Männern und Identitäten, die weiblich scheinen, eher zu Frauen.

In einer egalitären Gesellschaft, also einer Gesellschaft, die versucht, klassische Rollen durch Kultur, Regeln und Gesetze aufzubrechen, sollte eine Zuordnung von Identität zu Geschlecht deutlich schwieriger sein.

Traditionelle Gesellschaft=Hohe Erfolgsquote bei der Zuordnung von weiblicher Identität auf weibliches Geschlecht und umgekehrt

Egalitäre Gesellschaft=Geringe Erfolgsquote bei der Zuordnung von weiblicher Identität auf weibliches Geschlecht und umgekehrt

Auf dieser Basis kann man die Annahme überprüfen. Nun brauchen wir nur noch ein Werkzeug, um die Identität sichtbar zu machen, und dann müssen wir das Ganze nur noch in vielen unterschiedlichen Gesellschaften durchführen. Zum Glück ist das schon geschehen.

Mit der Identität von Menschen beschäftigt sich unter anderem die Psychologie. Dazu nutzt man unterschiedliche Modelle, um die Identität oder die Persönlichkeit von Menschen zu beschreiben. Das prominenteste Modell ist das sogenannte Big Five Modell. Dabei werden fünf Kategorien genutzt, um die Persönlichkeit zu beschreiben:

  • Aufgeschlossenheit neue Erfahrungen zu machen
  • Perfektionismus oder Gewissenhaftigkeit
  • Extraversion bzw. Gegenpol Introversion
  • Verträglichkeit oder andersherum gesagt Konfliktfreude
  • Neurotizismus meint die Tendenz negative Emotionen zu empfinden

Die einzelnen Größen können dann noch weiter differenziert werden in je zwei oder mehr Unterkategorien. Aber bleiben wir bei diesem Modell mit fünf Größen. Seit Jahrzehnten werden weltweit große Studien durchgeführt, die alle das Big Five Modell nutzen. Betrachtet man jetzt den Unterschied der Mittelwerte, die Männer und Frauen in den einzelnen Kategorien erzielen, dann sind diese eher klein. Das ist ähnlich zu den Gesichtszügen. Würde man die durchschnittliche z.B. Nasenlänge oder Nasenbreite von Männern und Frauen vergleichen, dann würde man nur minimale Unterschiede in den einzelnen Kategorien (wie Nasenlänge, Nasenbreite, Augenabstand, etc.) entdecken, die ein Gesicht ausmachen.

Betrachtet man aber das ganze Gesicht, kann man das Geschlecht erfolgreich kategorisieren (wie oben geschrieben, mit über 95 % Wahrscheinlichkeit). Das Gleiche kann man nun mit einer geeigneten statistischen Größe auch mit der Persönlichkeit machen, dem sogenannten Mahalanobis-Abstand oder D. Diese Größe beschreibt im mehrdimensionalen Raum den Abstand von unterschiedlichen Punkten zur Standardabweichung.

So, jetzt habe ich alle Leser verloren.

Wichtig ist an der Stelle nur zu verstehen, dass es mithilfe von D möglich ist, statistische Aussagen zu multivariaten Verfahren zu treffen. So auch zum Big Five Modell. Wir können uns also ansehen, wie erfolgreich wir sind, wenn wir, sozusagen, die Identität einer Person aus einer Kultur „betrachten“, und daraus auf das Geschlecht schließen.

Mehrere große Untersuchungen dazu konnten unabhängig voneinander im Schnitt ein Erfolgt von 85 % belegen (hier, hier und hier). Von der Identität einer Person auf ihr Geschlecht zu schließen ist also fast so einfach, wie vom Gesicht auf das Geschlecht zu schließen.

Wie sieht es aber mit den unterschiedlichen Gesellschaften aus? Wenn unsere Annahme oben stimmt, dann müssten besagte Studien ja eine höhere Chance der korrekten Kategorisierung in traditionellen Gesellschaften gezeigt haben.

Die egalitären Nationen (Schweden, Norwegen, Dänemark, USA, Kanada, Großbritannien usw.), also die, die versuchen, traditionelle Frauen- und Männerrollen aufzubrechen, finden sich alle in dem Bereich, mit sehr hohen Erfolgsquoten. Im Bereich mit den geringsten Erfolgschancen finden sich z.B. die meisten südostasiatischen Nationen, die noch ein sehr traditionelles Rollenbild leben. Pakistan hatte die geringste Erfolgschance mit immer noch 77 %.

Die Ergebnisse stimmen auch mit aktuellen Untersuchungen überein. In unterschiedlichen Test wurden KIs trainiert Abbilder von Gehirnen (wieder das ganze Gehirn, analog zum ganzen Gesicht oder der ganzen Persönlichkeit) in die beiden Geschlechter zu kategorisieren. Dabei konnte eine Erfolgsquote von über 95 % erzielt werden. Lustiger Ausflug: Eine KI hat anhand von Gehirnscans auch sehr erfolgreich ermittelt, ob die Besitzer der Gehirne Demokraten oder Republikaner wählen (hier).

Was macht das nun aber mit unserer Annahme?

Wir hatten angenommen, dass traditionelle Gesellschaften eine korrekte Kategorisierung eher einfach machen und egalitäre Gesellschaften, in denen Frauen eher Männerrollen einnehmen und umgekehrt, eine Kategorisierung eher schwer machen. Die Untersuchungen haben aber das Gegenteil zu Tage gefördert. Die Länder mit den geringsten Chancen eine korrekten Zuordnung von Persönlichkeit auf Geschlecht, waren eher traditionell geprägte Gesellschaften. Umgekehrt verhielt es sich mit fast allen modernen westlichen Gesellschaften. Diese hatten alle eine eher hohe Erfolgsquote bei der Kategorisierung. Damit sollte sehr klar belegt sein, dass es einen biologischen Einfluss vom Geschlecht auf die Persönlichkeit gibt.

Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen, und die Aussage treffen, das diese Einfluss deutlich größer als der gesellschaftliche zu sein scheint. Stephen Pinker hat also immer noch recht, wenn er die Blank Slate Annahme für definitiv widerlegt erklärt.

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