Die Bevölkerung besteht zur Hälfte, oder knapp über der Hälfte aus Frauen. Der Rest sind Männer. Jetzt gibt es die berechtigte Annahme, wenn sich alle frei entscheiden können, dann sollten doch auch die Führungskräfte zu 50 % aus Frauen bestehen. Wir beobachten, dass auch nach Jahrzehnten der Öffnung des Arbeitsmarktes für Frauen, immer noch nicht die Quote erfüllt ist. Der Schuldige ist schnell gefunden: Diskriminierung.
Der Debatte liegt das Thema nature vs. nurture zugrunde, zu Deutsch Natur gegen Erziehung. Es geht also um die Frage, was ist angeeignet und somit durch politische, kulturelle oder gesellschaftliche Maßnahmen beeinflussbar und was liegt in den Händen von Mutter Natur und ist damit unserem Einfluss entzogen. Ist es aber wirklich die Diskriminierung, die hier die alleinige Erklärungskraft hat, oder gibt es noch andere Gründe? Und welche Erklärungskraft haben diese anderen Gründe.
Bedürfnis von Frauen in Führungsrollen zu gehen
Gehen wir zunächst näher auf die Führungskraft ein. Nun, bevor wir uns fragen, welche Ansprüche eine Gesellschaft oder ein Gesellschafter, also Anteilseigner einer Firma, an eine Führungskraft hat, gibt es eine ganz klare und einfache Eigenschaft, die eine Führungskraft haben muss. Das persönliche Interesse. Wenn wir dem Individuum zugestehen, unabhängig von seinem Vermögen das Eine zu tun, sich dennoch im Leben für das Andere zu entscheiden, ist der Wille Führungskraft zu werden ein unbedingtes Kriterium. Nicht jeder, der ein guter Steuerberater geworden wäre, wird auch Steuerberater, manch einer will eben lieber Profifußballer oder Postbeamter werden.
Wie sieht es aber aus mit dem Willen in Führungsverantwortung zu gehen bei Männern und Frauen? Dazu werden seit Jahren unterschiedliche Umfragen durchgeführt. Alle deuten auf eine ungefähre Aufteilung von 30/70 bis 40/60 hin (z.B. hier oder hier). Simple gesprochen, wollen also nur ein Drittel der Frauen in Führungspositionen. Jetzt könnte man argumentieren, dass es gesellschaftlich immer noch starke Einflüsse gibt, die Frau an den Herd zu bringen und nicht in Führungspositionen. Mir ist aber keine einzige solche öffentliche Initiative bekannt.
Gesellschaftlicher Einfluss
Über Initiativen Frauen in Berufe und in Führungsverantwortung zu bringen bin ich in meinem Leben schon sehr häufig gestolpert. Ich möchte hier kein Argument anführen, dass unsere Gesellschaft Frauen in diese Rolle drängen möchte (auch wenn dieser Nachweis sicher nicht schwer sein dürfte). Es geht mir nur darum festzustellen, dass ich den gesellschaftlichen Einfluss in die andere Richtung als nicht nennenswert und ohne großen Einfluss erachte.
Halten wir also fest, selbst, wenn es keinen Unterschied in der Befähigung von Frauen Führungspositionen zu besetzen gibt, wäre ihr Interesse an einer solchen Laufbahn schon ein Grund, warum wir keine 50/50 Verteilung vorfinden würden. Jetzt haben bei dem Satz bestimmt ganz viele gestutzt: Hat er gerade gesagt, keine Frau kann Führungskraft werden?
Ich kann Sie, werter Leser, aber beruhigen. Absolute Aussagen sind immer falsch. Weder “keine” noch “jede” Frau kann Führungskraft werden. Bei den Männern ist es ähnlich, weder “keiner” noch “jeder” Mann kann Führungskraft.
Eigenschaften einer Führungskraft
Nähern wir uns dem Thema doch von der Seite des Investors, oder Unternehmers. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein beträchtliches Vermögen, dass Sie gerne für sich arbeiten lassen wollen. Sie beschließen, damit ein Unternehmen zu gründen. Kaufen also die notwendigen Gebäude und Maschinen und stellen Mitarbeiter ein. Bedenken Sie, Sie wollen nicht selbst arbeiten, immerhin haben Sie schon das ganze Geld mitgebracht. Das sollte genug Anstrengung sein. Daher brauchen sie einen Geschäftsführer und auch weitere Führungskräfte. Aber welche Eigenschaften sollten diese Führungskräfte mitbringen, damit Sie völlig sorglos ihr ganzes Geld für sich arbeiten lassen können, und auch noch genug Gewinn übrig ist, um die Führungskräfte und die Belegschaft angemessen genug zu bezahlen?
Eine der Anforderungen, auf die wir uns einigen können, ist sicher, der Geschäftsführer sollte klug sein. Die Klugheit können wir einigermaßen gut messen über den IQ. 70 % der Menschen liegen zwischen einem IQ von 85 und 115. Weitere 14 % zwischen 70 und 85 und zwischen 115 und 130. Damit wären 70 % + 28 % = 98 % abgedeckt. Die restlichen 2 % liegen je zur Hälfte unter 70 und über 130. Nehmen wir an, sie wollen einen wirklich klugen Kopf, also über 130. Aber wie ist mit Männern und Frauen? Sind beide gleich intelligent. Ja und Nein. Der Bereich ist der gleiche, nur die Verteilung eine leicht andere. Frauen liegen mehr in der Mitte, Männer liegen mehr in den Extremen. Der Effekt ist nicht riesig, aber ausreichend, als dass wir im Bereich unter 70 und im Bereich über 130 ungefähr zu zwei Dritteln Männer finden.
Also sind wir nach Präferenzverhalten und Intelligenz bereits bei einem Drittel von einem Drittel (wenn sich die beiden Eigenschaften nicht überschneide, was sie in der Realität aber dürften) der Frauen, die für Ihre Geschäftsführung infrage kommen. Neben Intelligenz gibt es aber noch andere Werte. Wenn wir die gut dokumentierten Big Five zurate ziehen, also:
- Aufgeschlossenheit neue Erfahrungen zu machen,
- Perfektionismus oder Gewissenhaftigkeit,
- Extraversion bzw. Introversion,
- Verträglichkeit ohne andersherum gesagt Konfliktfreudigkeit,
- Neurotizismus, meint die Tendenz negative Emotionen zu empfinden,
dann kommen wir wieder etwas weiter.
Ich hoffe, Sie stimmen mir zu, dass Sie eine Persönlichkeit bevorzugen, die hohe Werte in Perfektionismus, Konfliktfreude und einen niedrigen Wert in Neurotizismus aufweisen. Führungskräfte stellen ungefähr 5 % der Arbeitskräfte in Deutschland, und damit sollte auch klar sein, dass sich in diesem Bereich eher außergewöhnliche Persönlichkeiten finden. Sie wollen also einen Geschäftsführer, der kluge Entscheidungen trifft, bei der Umsetzung sehr gewissenhaft vorgeht, die Entscheidungen und ihre Interessen gegen jeden Widerstand vertritt und, der sich bei all dem Stress auch noch ziemlich wohlfühlt. Wie sieht es nun mit der Verteilung dieser Eigenschaften bei Männern und Frauen im Schnitt aus? Der Perfektionismus ist ziemlich gleich verteilt. Die Unterschiede in diesem Bereich sind also zu vernachlässigen.
Die Unterschiede in Konfliktfreude und Neurotizismus sind deutlicher. Im Mittel liegen wir da bei 60/40 in der Konfliktfreude und ein bisschen geringer im Neurotizismus. Das sind aber die Mittelwerte. Sie wollen doch aber keine mittelmäßige Führungskraft, oder? Sie wollen jemanden mit sehr hoher Konfliktfreude. Lieber einmal zu viel kritisch nachgefragt oder den eigenen Standpunkt vertreten als einmal zu wenig. Und auch beim Neurotizismus brauchen sie eine Person, die den Stress und die Belastung erträgt, ohne dabei ein Übermaß an negativen Emotionen zu empfinden.
Ähnlich wie bei der Intelligenzverteilung sind die geringen Unterschiede im Mittel, große Unterschiede im Extremen. Die Persönlichkeiten mit sehr hohen Ausprägungen von Konfliktfreude und mit sehr geringen Ausprägungen von Neurotizismus sind, speziell in dieser Kombination zu einem großen Teil Männer. Sind wir freundliche und sagen wir, uns reicht der Bereich aus, bei dem wir einen Anteil von einem Drittel an Frauen haben. Wo stehen wir dann?
Wie ist denn nun die Verteilung in Deutschland
Nun, wenn wir also Präferenz, Intelligenz, Konfliktfreude und Stressresistenz (quasi der Kehrwert vom Neurotizismus) nehmen sind wir bei einem Drittel von einem Drittel von einem Drittel von einem Drittel. Wir haben aber nicht berücksichtigt, wie die Größen, die wir betrachtet haben, zusammenhängen, also ob man z.B. bei Personen mit einem IQ von 130 oder mehr, eine häufigere Ausprägung von hohem Perfektionismus hat. Auch haben wir die Größen nicht gewichtet. Ist es wichtiger, eine hohe Konfliktfreude zu haben, oder einen genialen Intellekt?
Aber wir wollten ja eine Führungskraft für ihr Unternehmen finden. Ich denke aber, dass klar sein sollte, dass die relevanten Eigenschaften in den höheren oder extremen Bereichen, die für Führungskräfte entscheidend sind, nicht 50/50 auf Frauen und Männer verteilt sind, sondern eher immer zu 33/66, also ein Drittel Frauen zu zwei Drittel Männer. Wenn sich die Größen eine gewisse Balance halten, dann könnten wir annehmen, dass ungefähr ein Drittel der Führungskräfte Frauen sind.
Wie ist es denn in Deutschland? Nun, der aktuelle Anteil der Frauen bei den Führungskräften ist ungefähr… ein Drittel.
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